Weinheber-Denkmal auf dem Schillerplatz mit dem freigelegten Fundament aus Beton. 

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Am Montag bereitete das Wiener Stadtgartenamt dem "Spuk" ein Ende.

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Wien - Die gewitzte Intervention Weinheber ausgehoben von Mitgliedern der Plattform Geschichtspolitik - derStandard.at berichtete am Wochenende exklusiv - blieb nur drei Tage bestehen: Am Montag schüttete das Wiener Stadtgartenamt den mit Rollrasen ausgelegten Krater rund um das Weinheber-Denkmal am Schillerplatz wieder zu. Der Rollrasen, mit dem der Krater ausgekleidet worden war, wurde wiederverwendet. Es braucht daher kein Gras über die Sache zu wachsen.

Josef Weinheber, 1892 in Ottakring geboren, war in der NS-Zeit "zum berühmtesten Lyriker Nazi-Deutschlands" aufgestiegen. Die Stadt Wien sah bisher keinen Grund, sich von ihrem "Heimatdichter" zu distanzieren, der am 8. April 1945 Selbstmord verübt hatte: Sein Andenken wird hochgehalten - nicht nur auf Bezirksebene in Ottakring, sondern auch am Schillerplatz, gleich neben der Akademie der bildenden Künste.

Das dortige Weinheber-Denkmal mit einer 1940 vom NS-regimenahen Bildhauer Josef Bock geschaffenen Büste wurde am 21. Juni 1975 enthüllt. In der Folge schmierten Unbekannte auf den Sockel aus Sandstein antifaschistische Parolen, der Kopf wurde mehrfach demontiert und entwendet. 1991 entschloss sich die von den Sozialdemokraten regierte Stadt zu einer Umgestaltung: Man transferierte die Büste auf einen polierten, leicht zu reinigenden Granitsockel, und dieser erhielt ein in das Erdreich eingelassenes, rund ein Kubikmeter großes Fundament aus Beton. Die Stadt zementierte mit dieser Maßnahme ihr Bekenntnis zu Weinheber förmlich ein.

Die Plattform Geschichtspolitik der Akademie, eine Gruppe von Studierenden und jungen Lehrenden, setzte sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Denkmal auseinander. Ihre Vorschläge, dieses umzugestalten oder zumindest zu kontextualisieren, wurden von der Stadt Wien rundweg abgelehnt. Drei Mitglieder der Plattform - Chris Gangl, Eduard Freudmann und Tatiana Kai-Browne - entschlossen sich zur Tat: Am 28. Juni legten sie das Fundament in einer mehrstündigen Aktion frei.

Durch den Eingriff und das "Modellieren" des Erdreichs entstand eine neue Skulptur. Sie machte augenscheinlich, mit welcher Vehemenz die Stadt Wien ihr phallisches Weinheber-Denkmal schützt. Zusammen mit dem Fundament erinnerte dieses an ein Stehaufmännchen: Nicht einmal ein schweres Erdbeben könnte es zum Umfallen bringen.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) meinte am Montag, das freigelegte Fundament hätte "eine Zeitlang" so bleiben und als "Diskussionspotenzial für den öffentlichen Diskurs" über die Zukunft der Büste dienen können - aber das Gartenamt sei dem Kulturamt zuvorgekommen.

Grundsätzlich gehe es aber, so Mailath-Pokorny, "bei aktiver Erinnerungskultur weniger um Aktionismus als um geeignete Formen der Bewusstmachung". Gemeinsam mit KÖR (Kunst im öffentlichen Raum) werde an einer Umsetzung gearbeitet werden. Eduard Freudmann und seine Mitstreiter werten das Statement als positives Signal - und hoffen, dass wirklich kein Gras über die Sache wächst. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 2.7.2013)